Meinung
SALZBURGER FENSTER 02/2012
von Heinrich Breidenbach
Die Skandale und ihr gemeinsamer Nenner
Ein Waffenlobbyist, Politikerinnen-Gatte und ausgestopfter Landgraf reist mit einem offiziellen österreichischen Diplomatenpass herum. Abgehalfterte Ex-Minister mit dubiosen Geschäften ebenso.
Man wird immer wieder überrascht, was in Österreich alles möglich und üblich ist.
Die bösen Kleinigkeiten, Lächerlichkeiten, Korruptionsfälle und ernsthaften Skandale in unserem Land haben viele Ursachen, aber einen gemeinsamen Nenner. Nämlich das schlampige, dreiste und
schmarotzende Verständnis der Parteien, Politiker und vieler Entscheidungsträger zum Staat und zur staatsnahen Wirtschaft. Sie können gar nicht anders denken, als dass sie ihnen für Missbrauch
und Selbstbedienung zur Verfügung stehen.
Und sie kommen nicht davon weg. Bis zum letzten Wähler nicht. Wie anders ließe sich etwa die Wahnsinns-Aktion der schon gar nicht mehr verschleierten Bedienung von Polit-Günstlingen im ORF
erklären? Der junge SP-Karrierist Niko Pelinka ist dort ja nur die sichtbarste Spitze des Eisbergs. Auch die ÖVP wurde und wird in jüngster Zeit mit Landesintendanten, zum Beispiel in Tirol, und
neu geschaffenen Posten bedient.
Es findet in Österreich beständig ein Austausch zwischen halblegaler Parteibuch- und Freunderlwirtschaft, dubiosen Einflussnahmen, etwa auf Inseratenaufträge, unklaren finanziellen Zuwendungen,
Begünstigungen, Korruption und direkt kriminellen Machenschaften statt. Die Grenzen sind fließend. Alles bedingt einander und wächst im Sumpf eines Verständnisses vom Staat als
Selbstbedienungsladen der politischen Kaste.
SP schadet sich am meisten
Die plumpe Funktionärs- und Selbstbedienungsmentalität der Politik hat in Österreich unendlich viel zerstört. Sie haben damit die verstaatlichte Wirtschaft kaputt gemacht. Sie haben das Ansehen
und die Leistungsfähigkeit der Verwaltung, der Schulen, der Justiz, der ÖBB, der Telekom, der Stromversorger, usw. massiv beschädigt. Milliarden versenkte Euro gehen auf das Konto dieser
Mentalität. Haupttäter sind traditionell SPÖ und ÖVP. FPÖ und BZÖ haben sich massiv am Schacher beteiligt.
Hauptbetroffen vom eigenen Zerstörungswerk sind aber mittel- und langfristig die Sozialdemokraten, denen vorgeblich an der öffentlichen Wirtschaft mehr liegt als anderen. Sie werden den Eindruck
nie mehr los werden, dass dies nur dem Zweck der ganz primitiven Erhaltung von Einflussbereichen dient. Nicht aber zum Beispiel einer leistungsfähigen, kundenfreundlichen Bahn oder einem guten
öffentlich-rechtlichen Rundfunk. So beschädigen sie chronisch selbst, was sie vorgeblich schützen und erhalten wollen.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu den Korruptionsfällen der jüngsten Vergangenheit ist eine Chance. Er hat einen umfassenden Auftrag und mit Gabriele Moser die bestmögliche
Vorsitzende. Zudem agiert Parlamentspräsidentin Barbara Prammer zunehmend souverän und unabhängig. Das sind keine schlechten Voraussetzungen. Von „letzter“ Chance zu reden, ist immer sinnlose
Dramaturgie. Viel Zeit aber hat die Selbstreinigung der österreichischen Demokratie nicht mehr.
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Dankbarkeit ist in der Politik leider nur eine belächelte Kategorie. Aber zum Beispiel bei der Parteienfinanzierung wäre sie in Österreich am Platz. Die Parteien hätten allen
Grund, sich beim Steuerzahler für eine der weltweit luxuriösesten öffentlichen Finanzierungen zu bedanken. Und zwar mit besonderer Transparenz. Aber dem ist leider nicht so. Sie halten hartnäckig
an so schlampigen Regelungen fest, dass wir darob international zunehmend am Pranger stehen. Aktuell stellt uns ein Bericht des Europarates ein miserables Zeugnis aus. Es ist eine Schande.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at