Salzburger Fenster, Meinung 12-2013
Euro-Krise: „Die Deutschen sind schuld!?“
Nationalismus macht dumm. Das trifft auch auf die griechischen, zypriotischen, spanischen, etc. Nationalismen zu. In diesen Euro-Krisenländern setzt sich zunehmend die Meinung fest, „die
Deutschen“ seien an ihrer Misere „schuld“. Und wenn schon nicht „die Deutschen“, dann die von den Deutschen dominierte EU.
So ein Außenfeind ist immer bequem. Billig aus dem Schneider kommen damit die Politiker und ihre Wähler vor Ort sowie das ganze internationale Wirtschafts- und Finanzsystem.
Ganz falsch ist selten etwas. Die einseitige Sparpolitik gegenüber den Krisenländern, wie sie von der deutschen Regierung vertreten wird, ist sicher problematisch. Dass innerhalb eines
Wirtschafts- und Währungsraumes die Exporterfolge und die Stärke eines Landes auch die Probleme und Schwächen anderer sein können, ist auch klar.
Trotzdem sind die nationalistischen Sündenbocktheorien Unsinn. Für den zypriotischen Bankenwahnsinn mit seinen überzogenen Zinsen, seinen dubiosen Anlegern und für das Profil des Landes als
Steueroase sind die dortigen Politiker verantwortlich. Dasselbe gilt für die spanische Immobilienblase, vor der neun Zehntel des Landes fest die Augen zugemacht haben. Dass in Griechenland
Steuerhinterziehung ein Volkssport war und das Land trotz 700.000 Beamter kein vernünftiges Steuerwesen zusammengebracht hat, ist auch nur den Griechen selbst zuzuschreiben. Die Liste könnte
lange fortgesetzt werden.
Es gibt in allen Euro-Krisenländern ein zum Teil jahrzehntelanges Versagen von Politik und Wählern vor Ort. Darüber hinaus gibt es die neoliberalen internationalen Finanz- und
Wirtschaftsstrukturen. Gegen diese versagen wir alle miteinander. Auch die österreichische Regierung und jeder einzelne als Welt- und EU-Bürger.
Es ist unfassbar dass Jahre nach der Finanzkrise noch immer nicht die „normalen“ Geschäftsbanken von den Investmentbanken getrennt wurden. Wäre dem endlich so, könnte man letztere Pleite gehen
lassen, und bei den anderen die Einlagen schützen. Es ist unfassbar, dass es die EU noch immer zulässt, dass Banken im Euroraum als Fluchthäfen von dubiosem Geld und Mitgliedsländer als
Steueroasen und Sitz von zehntausenden Briefkastenfirmen agieren können. Auch diese Liste wäre noch lang.
Billiger nationalistischer Unsinn verstellt den Blick auf die wahren Notwendigkeiten und Aufgaben.
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Guter österreichischer Integrationsalltag. Unlängst ein Pausengespräch auf einer Baustelle. Zwei Arbeiter aus Ex-Jugoslawien. Wie geht es als ausländischer Arbeiter in Österreich? „Es passt gut.“
Einer der Arbeiter ist schon österreichischer Staatsbürger geworden. „Es hat mir hier von Anfang an gut gefallen. Ein schönes Land.“ Und wie geht es Ihnen als Arbeitnehmer mit der Baufirma? „Die
sind gut zu den Leuten. Es passt alles mit Bezahlung und Urlaub und so, alles ist korrekt. Wir sind beide schon über zwanzig Jahre bei der Firma, weil es passt“.
Das war ehrlich gemeint und wirklich schön zu hören. Österreich beweist im ganz normalen Alltag eine enorme Integrationskraft. Es gibt immer auch Probleme. Aber im guten österreichischen Alltag
funktioniert es mit „den Ausländern“ viel besser, als es in den kommenden Wahlkämpfen wieder den Anschein haben wird. Dann wird wieder die Zeit der Hetzer kommen und ein ganz falsches Bild
unseres Landes entstehen. Mindestens so schön zu hören ist auch, dass es am Bau noch gute Betriebe gibt, die von den Arbeitern gelobt werden.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at
Heraus gehobenes Zitat: “Billiger nationalistischer Unsinn verstellt den Blick auf die wahren Notwendigkeiten und Aufgaben.“