Meinung


SALZBURGER FENSTER 18/2012


von Heinrich Breidenbach

Müssen tausende Wohnungen leer stehen?

Es gibt in Österreich wesentlich mehr Wohnungen als Haushalte. Laut Statistik Austria gibt es 3,65 Millionen Haushalte und 3,85 Millionen Wohnungen. 200.000 Wohnungen stehen demnach leer oder vorwiegend leer. Statistiken sind immer unscharf und können unterschiedlich interpretiert werden. Aber am Faktum, dass es mehr Wohnungen als Haushalte gibt, ist nicht zu rütteln.
Wohnungsnot müsste also gar nicht sein.
In der Stadt Salzburg beträgt laut offiziellen Zahlen die Differenz zwischen 80.000 vorhandenen Wohnungen und 73.000 gemeldeten Haushalten immerhin rund 7.000 leer oder vorwiegend leer stehende Wohnungen. Diese Zahl bestätigt auch der Leiter des städtischen Wohnungsamtes Peter Holzmann. Auch in der Stadt Salzburg gilt also: Würden Wohnungen und Häuser dazu verwendet werden, wofür sie gedacht sind, nämlich, dass darin Menschen wohnen, würde es keine Wohnungsnot geben.
Warum ist es trotzdem anders? Die Gründe sind vielfältig und gar nicht präzise bekannt. Man ist auf Schätzungen und Vermutungen angewiesen: Baldiger Eigenbedarf, schlechte Substanz, hohe Renovierungskosten und geringe zu erwartende Mieteinkünfte, viele Zweitwohnungen, Wohnungen nur als Kapitalanlage, wegen Reichtums nicht auf Mieteinkünfte und die damit verbundenen gelegentlichen „Scherereien“ angewiesene Eigentümer, zahnlose Gesetze, usw. Von allem stimmt etwas. Genau will es offensichtlich niemand wissen. In Summe addiert sich jedenfalls ein gewaltiger, skandalöser Missstand.

Eigentum verpflichtet!
Die gängige Phrase, dass jeder schließlich mit seinem Eigentum machen können soll, was er will, zieht bei Häusern und Wohnungen nur sehr bedingt. Leer stehende Wohnungen blockieren wertvollen und nur begrenzt vorhandenen Baugrund. Sie verbrauchen öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen. Straßen, Kanäle, Buslinien, Versorgungsleitungen, Müllabfuhr, usw. führen oder fahren sinnlos vorbei. Das sind öffentliche Angelegenheiten!
Es braucht neben wirksamen Gesetzen und Hilfen für Renovierungen auch ein vernünftigeres und sozialeres Denken. Leerstand schadet der Bausubstanz enorm. Die Gier nach der höchsten, gerade noch erzielbaren Miete entpuppt sich häufig als schlechtes Geschäft. Die meisten Leute, die Wohnraum leer stehen lassen, könnten sich ebenso leisten, diese günstig zu vermieten.
Sie hätten dann wenigstens ein besseres Gefühl.

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Leistung am Hauptbahnhof. Man steht wartend am Bahnsteig und befindet sich inmitten einer riesigen Baustelle. Den Salzburger Hauptbahnhof bei laufendem Betrieb komplett umzubauen, das ist schon etwas! Eine gewaltige logistische Leistung, der Respekt zu zollen ist. Die tausend „Kleinigkeiten“, die bei so einem Unterfangen zu berücksichtigen sind, will man sich gar nicht vorstellen. Und es klappt! Für Fahrgäste gibt es kaum Grund zur Klage. 270 Millionen Euro werden verbaut. Viel Geld, das sich lohnen wird. Was bislang sichtbar ist, verspricht einen schönen und leistungsfähigen neuen Bahnhof. Die Integration großer Teile der alten Substanz scheint auch gut zu gelingen.
Etwas zu meckern gibt es trotzdem. Es gibt rund um den Bahnhof viel zu wenige Fahrradabstellplätze. Die Suche nach einem Parkplatz für den Drahtesel ist jedes Mal ein zeitaufwendiges Ärgernis. Wenn man im letzten Salzburger Fenster jetzt noch lesen musste, dass die große unterirdische Fahrradgarage am Bahnhof seit einem Jahr versperrt ist, und ihre weitere Nutzung in den Sternen steht, wird dieser Ärger größer.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at