Salzburger Fenster, Meinung 07-2013
Finanzskandal: Sollen die Politiker persönlich haften?
„Politische Verantwortung“ ist ein schönes Wort. Mehr nicht.
Schlimmstenfalls muss einmal ein aktiver Politiker zurücktreten. So geschehen ausnahmsweise im Salzburger Finanzskandal mit dem zuständigen Landesrat David Brenner. Sonst tut sich nichts.
Besonders komfortabel ist die Position von Ex-Politikern oder Politpensionisten. Es ist vielleicht nicht wirklich angenehm für die Herrschaften, in einen Untersuchungsausschuss zitiert zu werden.
Aber man hat schließlich gelernt, auf jede Frage geschickt zu antworten und allfällige Vorwürfe immer „entschieden zurückzuweisen“.
Fertig. Vielen Dank. Auf Wiedersehen.
Nach allem, was bisher bekannt geworden ist, und was nun auch unter Wahrheitspflicht im Untersuchungsausschuss des Landtages ausgesagt wurde, ist eine umfassende politische Verantwortung für die
Spekulationen mit Landesgeld gegeben. Nicht nur für die drei Finanzreferenten seit 2001, als mit dem „aktiven Finanzmanagement“ begonnen wurde, sondern auch für andere Regierungsmitglieder. Es
stellt sich immer deutlicher heraus, dass der politisch erwünschte und allgemein bekannte Teil der Spekulationen so groß war, dass er nicht übersehen hat werden können.
Es gab weit gehende Ermächtigungen und Vollmachten für einzelne Beamte seitens des Finanz-Ressorts. Es gab Warnungen. Es gab kritische Diskussionen zwischen der Politik und Teilen der
Beamtenschaft. Es gab Weisungen. Es wurde Geld aufgenommen. Der Schuldenstand erhöhte sich. Es gab kritische Anfragen der Opposition. Die Regierung beschwichtigte. Kritiker aus der
Landesbuchhaltung fühlten sich von der Politik kaltgestellt und zum Stillschweigen verdonnert. Es gab Jubelmeldungen in der offiziellen Landeskorrespondenz über angebliche Millionenerlöse aus dem
„Finanzmanagement“, usw.
Wenn diese Fakten zusammengenommen nicht klassische „politische Verantwortung“ begründen, was dann? Trotzdem bleibt sie ohne direkte Folgen. Das ist unbefriedigend und macht viele Menschen
wirklich wütend.
Es klingt gut, aber…
Wir hören in diesen Tagen deshalb oft, dass Politiker für ihre Entscheidungen „haftbar“ gemacht werden sollen, auch persönlich und vor allem mit eigenem Geld. Das klingt gut. In der Praxis wäre
es aber trotzdem kaum durchführbar. Nicht nur, weil dann niemand mehr irgendeine politische Entscheidung treffen würde. Sondern vor allem deshalb, weil die Beurteilung politische Leistungen oder
Fehlleistungen mit wenigen Ausnahmen immer Bewertungssache ist, abhängig von unterschiedlichen Standpunkten und Interessen.
Zudem können auch ganz falsche Entscheidungen wirklich im guten Glauben fallen. Wer will, selbst wenn dem Land Salzburg unterm Strich ein klar bezifferbarer Schaden aus der Zockerei entsteht,
nachweisen, dass die verantwortlichen Politiker damals nicht subjektiv im besten Glauben gehandelt haben?
Nein, das würde zu Nichts führen!
Der Erfolg versprechende Weg ist steiniger und viel weniger plakativ: Mehr Transparenz. Abschaffung der Amtsverschwiegenheit. Eine nachvollziehbare Buchhaltung. Schaffung eines Klimas, in dem
Beamte sich wirklich dem Gemeinwohl und den Gesetzen verpflichtet fühlen können, und nicht SPÖ oder ÖVP. Schluss mit der Parteibuchwirtschaft. Ermunterung zu Mut und Kritik. Strukturelle
Beseitigung der Kontrolldefizite. Usw.
Das wichtigste aber ist, dass die Wählerinnen und Wähler sich wirklich als diejenigen begreifen, die letztlich die „politische Verantwortung“ der Beurteilung solcher Vorgänge haben. Das ist ihre
Rolle in der Demokratie. Wenn sie zähneknirschend immer alles durchgehen lassen, können sie „politische Verantwortung“ andernorts nicht einfordern.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at