Meinung
SALZBURGER FENSTER 20/2012
von Heinrich Breidenbach
Die Sehnsucht nach Erlösern und Heilsbringern
Der Dalai Lama hat Recht. Es sagt von sich selbst, er sei „eigentlich nur ein Mensch“. Bescheidenheit ist schließlich Teil seiner Marke. Das hindert aber tausende seiner Anhänger – zuletzt auch
in Salzburg - nicht daran, diese Persönlichkeit absolut unkritisch zu überhöhen. Manche behaupten gar, sie seien ihm „spirituell“ eh schon begegnet. Wirklich wissen tun die wenigsten etwas über
ihn.
Die uralte Sehnsucht der Menschen nach Erlösern, Gurus, Führern, Heilsbringern, Spiritualität und Mystik bricht sich derzeit wieder verstärkt Bahn. Sie hat ihr Gesicht geändert und sich im
Zeitalter der Globalisierung weit aufgefächert. Heute steht ein globaler Selbstbedienungs-Supermarkt zur Befriedigung dieser Sehnsucht zur Verfügung. Die christlichen Kirchen haben dadurch starke
Konkurrenz bekommen.
Man nimmt ein bisschen Maya-Kalender, ein bisschen Wiedergeburt, einen Schuss Schamanismus, ein bisschen asiatische Entspannungstechniken, ein bisschen vertraute christliche Traditionen, ein
bisschen Esoterik, heilende Steine, Mond, Gestirne, Engel, Geister, Licht, etc. und formt sich daraus ein individuelles Weltbild. Mediale Inszenierungen und wechselnde Moden tun ein Übriges.
Diese wechselnden Moden werden noch für Überraschungen sorgen. In Teilen der britischen Unterschicht zum Beispiel ist es derzeit „in“ zum Islam zu konvertieren, um dann natürlich gleich ein
Hundertprozentiger zu werden. Das versteht sich. So sind die einsamen Suchenden nach geistigen und sonstigen Heimaten.
Simple Muster bringen Anhänger
Es ist immer wieder bemerkenswert, wie simpel die Muster gestrickt sind, die große Erfolge haben. Die Rezepte sind einfach: Feierlich dreinschauen, sich nicht hinterfragen lassen, Gemeinschaft
bilden, schöne Rituale anbieten, ein paar eingängige Sprüche und Weisheiten von sich geben, angenehme Atmosphäre schaffen, vielleicht mit Musik und Bilder garnieren, einfache Weltbilder in
geschlossenen Begriffs- und Denksystemen verbreiten, vielleicht einen Schuss Verschwörung und Feindbilder dazu geben, angeblich verschüttet gegangenes oder lange unterdrücktes „altes Wissen“
ausgraben, usw. Und schon kommen die Anhänger.
Diese Muster gehen weit über den engeren Bereich von Religion, Spiritualität und Esoterik hinaus. Wir finden sie ähnlich in der Politik, im Showgeschäft oder in der Medizin. In der Politik kennen
wir unsere Pappenheimer. Im Showgeschäft sind sie vergleichsweise harmlos.
In der Medizin sind sie hingegen besonders abstoßend. Dort haben sich, insbesondere wenn es um diffuse Gebrechen, chronische Krankheiten oder um den Grenzbereich zwischen Leben und Tod geht,
unter diversen schönen Namen wie Heiler, Alternativ- oder Ganzheitsmediziner unzählige üble Geschäftemacher etabliert. Sie stehen der mit Recht viel kritisierten „Pharmalobby“ in Punkto Geldgier
nichts nach, verbrämen dies aber mit feierlicher Aura, verführerischen Worten und großen Versprechen. Ihre zahlungsbereiten Opfer finden sie alle.
Nur ein Licht strahlt zur Zeit etwas matt. Das der Vernunft und der Aufklärung.
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Wohnbaulandesrat Walter Blachfellner beklagt die hohe Zahl der Delogierungen am Wohnungsmarkt. In Salzburg hätte es im Vorjahr rund 1.700 Delogierungsverfahren und 216 tatsächliche
Wohnungsräumungen gegeben. Das ist zu viel, und da ist dem Herrn Landesrat zuzustimmen. Es wird auch so sein, dass, wie er fordert, mit mehr Schuldnerberatung statt mit dem schnellen Brief vom
Rechtsanwalt oft besser gedient wäre. Der Hauptgrund aber für diese negative Entwicklung sind die exorbitant gestiegenen Grund- und Wohnungskosten im Land. Die können sich Normalverdiener immer
weniger leisten. Da gilt es anzusetzen.
Alles andere ist nur gut gemeint.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at