Meinung
SALZBURGER FENSTER 30/2012
von Heinrich Breidenbach
Politischer Protest mit Obskuranten
Frank Stronach hat sich schon Anfang Juli dieses Jahres als Obskurant geoutet und politisch disqualifiziert. Sein Auftritt in der ZIB-2 war wirr, selbstherrlich, unprofessionell und grob
unhöflich. So kann ein alt gewordener Firmenpatriarch durch sein Unternehmen poltern, wenn gute Manager hinter ihm den Schaden in Grenzen halten. Aber Politik geht so nicht.
Seither sucht Stronach mit dem Staubsauger die politische Landschaft nach Mitstreitern ab. Der Erfolg ist extrem bescheiden. Gefunden hat er bislang nur Krümel und Brösel. Mit den Unterschriften
dreier wendehalsiger Nationalratsabgeordneter hat er sich das Sammeln von 2.600 Unterstützungserklärungen für ein Antreten bei den nächsten Wahlen erspart. Das ist formal korrekt, politisch aber
ein fragwürdiges und unsympathisches Vorgehen.
Es ist keine Frage. Der Selfmade-Milliardär mag viele Fähigkeiten und große Verdienste haben. Aber für eine ernsthafte Politik ist er absolut ungeeignet.
Umso überraschender scheinen Umfragedaten zu sein, die Stronachs noch nicht einmal gegründeter Partei, Chancen auf einen Einzug in den nächsten Nationalrat einräumen. Umfragen sind
Momentaufnehmen und sind in diesem Fall sicher auch durch eine geradezu ausufernde Medienpräsenz beeinflusst. Aber immerhin ein Drittel der ÖsterreicherInnen können sich eine Stronach Partei im
nächsten Nationalrat gut vorstellen. Das ist ein hoher Wert. Es kommt jetzt für ihn drauf an, wie viele davon ihn tatsächlich wählen.
SPÖ und ÖVP ärgern
Eigentlich ist schwer davon auszugehen, dass die Wählerinnen und Wähler nicht wissen, dass von Leuten wie Stronach keine positiven Veränderungen ausgehen werden. Die Defizite sind zu
offensichtlich. Warum wählen zahlreiche Österreicherinnen und Österreicher trotzdem, wenn sie „protestieren“ wollen, so gerne Obskuranten, Populisten, Unausgegorene und Merkwürden aller Art? Dies
trotz aller Enttäuschungen und vorhersehbarer Strohfeuer. Mehr ist es ja nie. Die letzte ernsthafte und beständige Parteigründung in Österreich waren die Grünen. Aber auch diese konnten etwa von
Eintagsfliegen wie Hans Peter Martin bei Wahlen zum EU-Parlament locker überholt werden.
Es drängt sich ein schwerer Verdacht auf. Nämlich, dass in Österreich eine „Protestwahl“ vornehmlich dazu dient, die ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP zu ärgern, diesen etwas heimzuzahlen. Sie
sollen Signale der Unzufriedenheit bekommen und sich endlich bessern. Zu mehr müssen die „Protestparteien“ nicht gut sein. Mehr wollen jedenfalls sehr viele ihrer Wählerinnen und Wähler gar nicht
von ihnen. Die „Protestparteien werden nicht gewählt um direkt Neues zu gestalten, sondern um indirekt die „Altparteien“ auf Vordermann zu bringen.
Ein guter Befund ist das nicht. Dieses Verhalten des Wahlvolkes hat etwas Pubertäres. Die Wählerinnen und Wähler trauen sich nicht zu, mit ihrem Stimmzettel das Land direkt positiv nach ihren
Wünschen und Vorstellungen zu verändern und zu gestalten. Der breit vorhandene Unmut kanalisiert sich destruktiv in Wahlenthaltung oder der Wahl von Merkwürdens.
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Traut sich David Brenner etwas? Unser Misstrauen muss natürlich groß sein. Aber schon allein die Worte sind – für österreichische Verhältnisse - ein Fortschritt.
Landeshauptfrau-Stellvertreter David Brenner (SPÖ) meinte letzte Woche, der Sportdachverband ASKÖ solle nicht mehr offiziell als Parteiorganisation der SPÖ geführt werden. Parteipolitik habe im
Sport „nichts verloren“ und darüber müsse man auch „in der eigenen Partei diskutieren“.
Haben wir richtig gehört? Meint er das ernst? Will er nur von den aktuellen ASKÖ-Kalamitäten ablenken, oder zieht endlich einmal einer eine richtige Konsequenz?
Wir warten gespannt auf Taten.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at