Meinung


SALZBURGER FENSTER 32/2012


von Heinrich Breidenbach

Die beste Zeit ist jetzt

Es ist grauenhaft, was derzeit – auch an Schicksalen in Salzburg – so häufig ans Tageslicht kommt. Hut ab vor den Betroffenen, die den Mut aufbringen, von ihren Erlebnissen als ehemalige Heim- und Fürsorgekinder zu berichten. Über die Ausbeutung und Missachtung, die Gewalt, die Verachtung, die Gemeinheiten, den Missbrauch und die Lieblosigkeiten, denen sie als Kinder schutzlos ausgeliefert waren.
Das alles gibt es immer noch. Aber es gibt einen ganz großen Unterschied: Heute werden diese Dinge als Verfehlungen gesehen und gesellschaftlich geächtet. Sie kommen vor, sind aber Taten von Einzelnen, die gesetzlich geahndet werden. Es gibt eine Sprache und Begriffe, um die Dinge zu benennen. Es gibt eine gesellschaftliche Diskussion darüber und die Betroffenen haben große Teile der öffentlichen Meinung und zahlreiche engagierte Schutzeinrichtungen an ihrer Seite.
Noch vor wenigen Jahrzehnten hatten sie überhaupt niemanden an ihrer Seite. Es herrschten Sprachlosigkeit, Schweigen, Verdrängung und eine böse Kumpanei zwischen wichtigen Trägern der Gesellschaft und der öffentlichen Meinung. Lehrer, Ärzte, Priester, Polizisten, Richter, Politiker, Erzieher, Beamte oder Journalisten schauten weg, wollten keine Probleme sehen, waren häufig selbst Täter oder einfach feig.
Pädagogisch war Steinzeit. Die Einstellungen waren noch geprägt vom Nationalsozialismus oder einem bösen und autoritären Katholizismus. Gewalt in der Erziehung, auch brutalste Strafen, wurde mehrheitlich gut geheißen, bei Kindern am unteren Ende der sozialen Skala sowieso.
Ein solches Klima leistet persönlichem Sadismus und Missbrauch Vorschub. Es genügt, wenn jemand so schutzlos und schwach ist. Es finden sich dann schon die Täter, die das ausnutzen. Das war auch systematisch der Fall.

Noch nie so gut
Keine Frage, es gibt aktuell viele ökologische, wirtschaftliche und kulturelle Gründe für Kritik und Pessimismus. Aber „damals“ war trotzdem wenig besser und sehr viel schlechter. Die Situation für Minderheiten, für Kinder, für Schwächere und für Andersdenkende war noch nie so gut wie heute. Noch nie hatten die Menschenrechte einen so hohen Stellenwert. Eine bessere Zeit, als genau die jetzt und heute, hat es noch nie gegeben.

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Du kannst etwas! Das Land Salzburg, die Arbeiter- und Wirtschaftsammer starten nach oberösterreichischem Vorbild jetzt in Salzburg die Aktion „Du kannst etwas!“. Menschen ohne offiziellen Berufsabschluss – in Salzburg sind das 54.000 (!) - sollen praxisnah zu anerkannte Fachkräften weitergebildet werden. Man geht davon aus, dass das Berufsleben eine gute Schule ist, und viele so genannte „angelernte“ oder Hilfskräfte oft sehr viel können. Dieses vorhandene Wissen soll individuell erfasst und gezielt bis zu einem offiziellen Lehrabschluss erweitert werden.
In vielfacher Hinsicht ist – wenigstens das Konzept - ein großer bildungspolitischer Schritt nach vorne: Es wird dort angesetzt, wo die Menschen stehen. Es wird anerkannt, dass man sich im realen Leben Wissen aneignen kann, auch außerhalb der klassischen Bildungsinstitutionen. Die grundlegende Idee ist Helfen und Fördern, und nicht aussortieren. Da kann man nur viel Erfolg wünschen. Die telefonische Hotline ist 0662–883081-555.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at