Meinung


SALZBURGER FENSTER 35/2012


von Heinrich Breidenbach

32 Billionen Dollar Schwarzgeld

Es gibt auf der Welt zu viel Geld in zu wenigen Händen und dieses Geld hat zu viele Möglichkeiten, sich jeder Lenkung und Besteuerung zu entziehen. Das macht jeden Aufschwung wackelig und ist ein Teil des Damoklesschwertes, das beständig über Arbeit, Wirtschaft und Wohlstand schwebt.
Seit der großen Finanzkrise 2008 wissen alle, wie es kommen kann. Zuerst wackeln die Banken und Finanzmärkte, dann die Realwirtschaft und schließlich geraten die Budgets der Staaten ins Trudeln, weil sie gegen die Krise enorme Summen Steuergeld in die Hand nehmen müssen. Aber keine der Ursachen der damaligen Krise ist nachhaltig beseitigt worden. Ein bisschen wurde da und dort herum geschraubt. Der Rest ist Hoffnung oder Spekulation.
Und wen regt das auf? Was soll das kleine Österreich dagegen machen? Kleine Länder wie die Schweiz, Liechtenstein, Singapur, die Cayman Islands oder der US-Bundesstaat Delaware können als Steueroasen und Schwarzgeldhäfen viel Schaden anrichten, aber zum positiv Verändern reicht die Kraft kleiner Länder alleine nicht aus. Das stimmt.
Andererseits. Es gibt Konzepte, Programme und viele realisierbare Schritte. Es gibt Länder, die voran gehen wollen. Es gibt Bürger und internationale Organisationen, die korrektere Verhältnisse wollen. Und es gibt die Notwendigkeiten: Jeder nachhaltigen, sozialen und ökologischen Gestaltung in jedem Land der Welt sind sehr enge Grenzen gesetzt, solange die schwarzen Löcher der Weltwirtschaft nicht beseitigt werden. Sogar die Aufklärung vergleichsweise kleiner österreichischer Skandale, wie etwa der Geldflüsse rund um die Buwog-Privatisierung scheitert bisher an einem simplen Informations-Njet, diesmal aus Liechtenstein. So einfach ist das. Und so überholt.
Die schwarzen Löcher sind wirtschaftlich, steuerpolitisch, verteilungspolitisch und rechtlich viel zu mächtig geworden.

Österreich blockiert
Das internationale Netzwerk für Steuergerechtigkeit (Tax Justice Network) hat unvorstellbare 32 Billionen Dollar errechnet, die in den diversen Steueroasen dieser Welt als Schwarzgeld gebunkert sind. Mag sein, dass es etwas weniger ist, oder auch mehr. Solche Zahlen können immer nur Annäherungswerte sein Aber selbst wenn es nur die Hälfte sein sollte, sind dagegen alle Budgetdefizite aller Euro-Problemländer zusammengenommen ein Klacks. Andererseits kann keine Budget-Krise irgendeines Landes gerecht und nachhaltig gelöst werden, so lange solche Fluchtmöglichkeiten für das große Geld bestehen.
Der fünftgrößte Finanzplatz der Welt ist die kleine Inselgruppe der Cayman Islands. Sie haben nur gut 50.000 Einwohner. Laut Handelsblatt ist die karibische Steueroase der Sitz, oder Briefkastensitz, von 235 Banken, 735 Versicherungen, 9.000 Hedgefonds und 91.712 Unternehmen. Warum wohl?
Österreich ist Mitglied der EU und könnte mitreden. Unsere Bundesregierung könnte hartnäckig für energische internationale Maßnahmen gegen Steueroasen und dubiose Finanzplätze eintreten. Könnte! Es würden nur alle Hühner Europas lachen. Wir gehören nämlich absolut nicht zu den Guten und sind kein Vorbild. Österreich gehört immer noch zu den vergleichsweise sichereren Fluchtländern für Geld. Die Bundesregierung blockiert sogar die so genannte „Zinsbesteuerungsrichtlinie“ der EU, die mehr zwischenstaatliche Transparenz über Kapitalerträge schaffen würde.
Diese Politik liegt nicht im Interesse der österreichischen Bürger und der österreichischen Wirtschaft. Längerfristig profitieren wir viel mehr von korrekteren, stabileren und gerechteren weltweiten Geldverhältnissen als von ein paar Milliarden dubiosen Euros mehr in Österreich.

h.breidenbach@salzburger-fenster.at