Meinung
SALZBURGER FENSTER 44/2012
von Heinrich Breidenbach
„Ein österreichischer Beamter ist nicht bestechlich“
Es ist eine schöne Geschichte. Erzählt von einer Dame, die in den bitter armen Jahren nach 1945 in einem überfüllten Zug durch Österreich fuhr. Übermüdet wollte sie dem Schaffner für einen
Sitzplatz etwas zukommen lassen. Der wies das Ansinnen prompt zurück. „Aber gnädige Frau, ein österreichischer Beamter ist nicht bestechlich!“
Dabei hätte der Mann damals ein bisschen zusätzliches Geld bestimmt sehr gut brauchen können. Viel besser jedenfalls als heute ein sehr gut bezahlter hoher Beamter des Verteidigungsministeriums,
der sich von einem Rüstungslobbyisten einen Urlaub bezahlen lässt. Aber bei diesem Schaffner muss eben etwas anderes die Oberhand gehabt haben: Persönliche Würde, Integrität, Ehre und der
kollektiven Stolz einer Berufsgruppe. Ein positiver Korpsgeist.
Das Gegenteil davon ist das Denken der Korruptionisten: „Wenn Du nichts nimmst, bist Du blöd.“ Dieses Verständnis zerfrisst jede Gemeinschaft. Das Gemeinwohl wird einem vermeintlichen
persönlichen Vorteil geopfert. „Vermeintlich“ deshalb, weil die Adressaten von Korruptionsansinnen ja nur in den allerseltensten Fällen arme Leute sind. Sie hätten genug für ein gutes Leben Es
reicht ihnen nur nie.
In Österreich sind derzeit nicht nur zahlreiche Korruptionsskandale aufzuklären und sind schärfere Instrumente, Gesetze und Kontrollrechte gegen Korruption notwendig. Mindestens ebenso wichtig
ist, dass die Haltung „ich nehme nichts“ wieder umfassend an Wert und Anerkennung gewinnt. Ein Bewusstsein wie das unseres eingangs erwähnten Schaffners braucht öffentliche Unterstützung. Es muss
als vorbildlich gelten. Es muss etwas wert sein und Anerkennung in den tonangebenden Milieus, in den so genannten „Eliten“, finden. Das ist leider nicht der Fall, genau diese Schichten sind
schwer von Gier und einem primitiven „Haben-Prestigedenken“ verseucht.
„Ich bezahle selbst“
Praktische Beispiele für solche positive Haltungen gäbe es genug. Etwa die: „Ich brauche kein gratis Upgrade meines Flugs auf die Malediven. Ich bezahle mir die Business Class, wenn ich schon
eine haben möchte, selbst.“ Oder: „Ich brauche keine Zuwendung der Industriellenvereinigung für eine Homepage. Als österreichischer Politiker kann ich mir eine solche selber leisten.“ Oder: „Ich
brauche keinen Urlaub vom Rüstungslobbyisten, ich bezahle mir meine Urlaube selbst.“ Oder: „Bevor ich den Rest meines Lebens als mieser Korruptionist verbringen muss, verzichte ich gerne auch
einmal auf einen Luxus-Urlaub, einen Cayenne oder ein Konto in Singapur.“
So könnte es auch gehen. Und alle würden besser leben.
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Die Wünschelrute des „Protestwählers“. Der österreichische „Protestwähler“ geht mit einer Wünschelrute durch die politische Landschaft und findet damit zielsicher immer wieder
Scharlatane, Eintagsfliegen, Schaumschläger und Merkwürden aller Art. Am Ende bleibt der Protestwähler dabei immer der Dumme. Früher oder später entpuppen sich seine Hoffnungsträger immer als
Reinfall. Das verbindet Jörg Haider mit Hans-Peter Martin oder Frank Stronach.
Dass letzterer sich noch tüchtig in diesem Sinne beweisen wird, daran kann nur mehr wenig Zweifel bestehen. Ein Mann, der wie letzte Woche in einem ZIB-2 Interview in wüste, persönliche
Beschimpfungen ausbricht, nur weil er nicht langmächtig vorbereitete „Wahrheiten“ von einem mitgebrachten Zettel herunterlesen darf, ist in der Politik bestenfalls ein schrullig-egomanischer
Selbstdarsteller. Daran ändern auch sonstige Leistungen nichts.
h.breidenbach@salzburger-fenster.at